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Schenkung an Nachkommen

Ich bin in zweiter Ehe verheiratet. Wir haben je zwei Kinder aus der ersten Ehe, aber keine gemeinsamen Kinder. Ich möchte mein in die Ehe gebrachtes Haus vorzeitig meinen Nachkommen überschreiben, aber das Wohnrecht behalten. Allerdings ist die ältere Tochter gestorben. Sie hinterliess einen siebenjährigen Sohn. Ist eine Schenkung an meine jüngere Tochter und meinen Enkel möglich?

Zu Lebzeiten kann jede handlungsfähige Person frei über ihr Vermögen verfügen. Gewisse lebzeitige Zuwendungen, insbesondere grössere Schenkungen an Nachkommen, können allerdings Konsequenzen beim Todesfall des Schenkers haben. Nachkommen haben Schenkungen von Grundstücken im Rahmen der Erbteilung mit den Miterben zur Ausgleichung zu bringen. Rechtlich umstritten ist dabei, ob nur andere Nachkommen, die ihrerseits keine solche Schenkung erhalten haben, ausgleichungsberechtigt sind oder ob auch der überlebende Ehepartner ausgleichungsberechtigt ist. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist auch der überlebende Ehegatte in einem solchen Fall Ausgleichungsgläubiger, die herrschende Lehre verneint dies aber. Selbst wenn Sie aber Ihre Nachkommen von der Ausgleichungspflicht gegenüber Ihrer Ehefrau befreit haben, kann es sein, dass Ihre Nachkommen nach Ihrem Tod trotzdem Zahlungen an Ihre Ehefrau leisten müssen. Dies nämlich dann, wenn der Wert dieser Schenkung Ihren verbleibenden Nachlass so deutlich übersteigt, dass damit sogar der Pflichtteil Ihrer Frau verletzt würde. Der Pflichtteil des überlebenden Ehepartners in Konkurrenz mit den Nachkommen beträgt 25%, dies berechnet auf dem Betrag des reinen Nachlasses zuzüglich des Werts der lebzeitigen Schenkungen.

Der Enkel kann die Liegenschaft trotz Minderjährigkeit dann rechtsgültig erwerben, wenn das Geschäft für ihn insgesamt betrachtet trotz Wohnrecht deutliche wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Der Enkel muss an der Beurkundung der Liegenschaftsübertragung gesetzlich vertreten und der Vertrag danach von der KESB genehmigt werden. Gemäss der Praxis der KESB würde ein solcher Vertrag bei entsprechenden wirtschaftlichen Vorteilen in aller Regel genehmigt.

Wichtig erscheinen mir in Ihrem Fall für das praktische Vorgehen 2 Punkte: Erstens, dass Sie Ihre jüngere Tochter und Ihren Enkel gleich behandeln (der Enkel tritt erbrechtlich an die Stelle der vorverstorbenen älteren Tochter) und zweitens, dass Sie Ihre Ehefrau in diese Transaktion miteinbeziehen, damit nachher (im Falle Ihres Todes) keine Diskussionen zwischen Ihren Nachkommen und Ihrer Frau über diese Schenkung entstehen. Die Schenkung kann erbrechtlich beispielsweise dadurch abgesichert werden, dass Ihre Frau in einem Erbvertrag auf ihren Pflichtteil verzichtet, dies für den Fall, dass diese Liegenschaftsschenkung ihren Pflichtteil verletzen würde. Ein solcher Erbvertrag muss von einem Notar öffentlich beurkundet werden, damit er rechtsgültig ist.

Kurzantwort
Lebzeitig kann jede handlungsfähige Person frei über ihr Vermögen verfügen. Grössere Schenkungen können allerdings nachträglich im Todesfall erbrechtliche Konsequenzen haben, insbesondere bei Pflichtteilsverletzung. Minderjährige können Liegenschaftsschenkungen trotz allfälliger damit verbundener Lasten dann rechtsgültig erhalten, wenn das Geschäft wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)