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Informationsrechte des Erben

Meine Mutter ist kürzlich verstorben. Erben sind mein Bruder und ich. Mein Bruder hat meine Mutter die letzten Jahre betreut und alles Administrative für sie erledigt. Unter anderem hat meine Mutter ihre Wohnung an meinen Bruder verkauft. Ich möchte wissen, was die letzten Jahre gelaufen ist und welche Vermögenswerte noch vorhanden sind.

B.H. 

Mit dem Tod Ihrer Mutter treten Sie und Ihr Bruder als Erben in alle Rechte und Pflichten Ihrer Mutter und damit auch in die ihr zustehenden Informationsrechte ein. Sie können die Informationen direkt bei der Teilungsbehörde, bei der Steuerbehörde, bei den Banken und beim Grundbuchamt beschaffen.

Um Ihre Informationsrechte ausüben zu können, benötigen Sie eine Erbenbescheinigung. Diese Erbenbescheinigung haben Sie in einem ersten Schritt von der zuständigen Teilungsbehörde anzufordern. Gleichzeitig können Sie von der Teilungsbehörde auch die Zustellung sämtlicher Nachlassakten verlangen.

Nach Erhalt der Erbenbescheinigung können Sie damit bei der Steuerbehörde alle Steuererklärungen Ihrer Mutter mit sämtlichen Beilagen anfordern, soweit diese noch vorhanden sind (d.h. mindestens 10 Jahre zurück). Aus diesen Steuererklärungen mit Beilagen ersehen Sie insbesondere, über welche Bankkontenverbindungen Ihre Mutter verfügte. Zudem können Sie diesen Dokumenten die Grundstücknummer der ehemaligen Wohnung Ihrer Mutter entnehmen.

Danach ist es Ihnen möglich mit der Erbenbescheinigung bei allen Banken, bei welchen Ihre Mutter Konten hatte, Bankkontoauszüge mit sämtlichen Bankkontenbewegungen seit Eröffnung des Kontos bis heute bzw. bis zur Saldierung anzufordern, soweit diese Unterlagen bei den Banken noch verfügbar sind. Die gesetzliche Aufbewahrungsfrist beträgt 10 Jahre. Die Auskunftspflicht der Bank ergibt sich aus der auftragsrechtlichen Rechenschaftsablagepflicht. Als Erbe Ihrer Mutter sind Sie in deren Informationsrechte gegenüber der Bank eingetreten.

Weiter können Sie beim zuständigen Grundbuchamt unter Vorlage der Erbenbescheinigung eine Kopie des Kaufvertrages der Wohnung anfordern. Diesem ist zu entnehmen, zu welchen Bedingungen Ihre Mutter die Wohnung an Ihren Bruder verkauft hat.

Nachkommen sind untereinander für grössere Schenkungen, insbesondere von Grundstücken, zur erbrechtlichen Ausgleichung verpflichtet, ausser sie sind von der Erblasserin ausdrücklich von der Ausgleichspflicht befreit worden. Bei einer Befreiung von der Ausgleichspflicht kann aber eine Pflichtteilsverletzung vorliegen, welche der übergangene Erbe mit der Herabsetzungsklage innert eines Jahres seit Kenntnis der Pflichtteilsverletzung geltend machen kann.

Als Miterbe ist Ihr Bruder zudem gesetzlich verpflichtet, Ihnen alles mitzuteilen, was für die Erbteilung von Bedeutung ist, insbesondere auch lebzeitige Zuwendungen bzw. Schenkungen Ihrer Mutter.

Kurzantwort
Der Erbe hat gegenüber Behörden und Banken dieselben Informationsrechte wie sie der Erblasser selber hatte. So kann sich ein Erbe unter Vorlage der Erbenbescheinigung sämtliche Informationen bei der Steuerbehörde, den Banken und dem Grundbuchamt weitgehend selber beschaffen.

(MLaw Sabrina Meier, Rechtsanwältin und Notarin, Luzerner Zeitung)