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Patchwork Familie – Begünstigung des Partners und Absicherung der Kinder

Wir sind ein Konkubinatspaar. Beide Partner haben je ein Kind aus einer früheren Beziehung. Wir leben mit diesen Kindern in unserem Einfamilienhaus, welches uns je zur Hälfte gehört. Daneben haben wir noch gemeinsame Bankkonten. Wie können wir für den Todesfall sicherstellen, dass der überlebende Partner im Eigenheim bleiben kann und das Haupterbe erhält? Wie können wir die Kinder trotzdem absichern?

L.H.

Im Todesfall ist der überlebende Konkubinatspartner von Gesetzes wegen nicht Erbe. Gesetzlicher Alleinerbe ist in Ihrem Fall das leibliche Kind des Verstorbenen. Konkubinatspartner können sich aber mit einem Erbvertrag gegenseitig als Erben einsetzen. Zu beachten sind dabei die Pflichtteilsrechte von anderen Erben.

Pflichtteil des Kindes

Bei Kindern beträgt der Pflichtteil 75% des gesetzlichen Erbteils. Deshalb können Sie mit Erbvertrag Ihrem Konkubinatspartner lediglich 25% der Erbschaft zukommen lassen. Verfügt der überlebende Partner nicht über namhafte Eigenmittel, um das Kind des Verstorbenen für dessen Erbanteil auszahlen zu können, kann dies zu erheblichen Liquiditätsproblemen und schlimmstenfalls zum Verlust des Eigenheims führen.

Erbverzicht des Kindes

Um dieses Szenario zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Kinder in den Erbvertrag miteinzubeziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Kinder mündig, d.h. mindestens 18-jährig sind. Ist dies der Fall, können die Kinder ganz oder teilweise auf ihren Pflichtteil verzichten und die Konkubinatspartner können sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Wird aber auf eine zusätzliche Regelung für die Kinder verzichtet, so geht das Kind des erstversterbenden Partners im Todesfall des Zweitversterbenden gänzlich leer aus, da es nicht gesetzlicher Erbe des Zweitversterbenden ist. Das gesamte Vermögen geht diesfalls später alleine an das Kind des Zweitversterbenden, was nicht in Ihrem Sinn ist.

Vor- und Nacherbeneinsetzung

Damit das Kind des erstversterbenden Partners später „seinen“ Anteil erhält, stehen Ihnen mehrere erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten offen. Der überlebende Konkubinatspartner kann (bloss) als Vorerbe und das leibliche Kind als Nacherbe eingesetzt werden. Dabei kann auch eine Nacherbeneinsetzung „auf den Überrest“ vorgesehen werden, d.h. der Vorerbe ist diesfalls berechtigt, frei über das Vorerbschaftsvermögen zu verfügen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Nacherbe damit einverstanden ist und einen solchen Erbvertrag unterschreibt.

Nutzniessung

Die Nutzniessung empfiehlt sich in Ihrem Fall insbesondere dann, wenn die Kinder den Erbvertrag nicht unterzeichnen wollen oder (mangels Mündigkeit) aus rechtlichen Gründen nicht unterzeichnen können. Wird dem überlebenden Partner im Erbvertrag das Eigenheim zur Nutzniessung zugewendet, so wird das Kind Erbe und Eigentümer, der überlebende Partner darf aber im Eigenheim wohnen bleiben. Für die Berechnung einer allfälligen Verletzung des Pflichtteilsrechts des Kindes wird dann nicht der Wert des Hauses, sondern lediglich der Wert der Nutzniessung herangezogen, welcher in Ihrem Fall deutlich tiefer ist. 

Ich empfehle Ihnen, sich von einer Fachperson beraten zu lassen. Zu bemerken ist, dass ein Erbvertrag von einem Notar beurkundet werden muss, damit er rechtsgültig ist.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)