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Erbteilungsklage bei Verweigerung eines Erben

Wir als Erbengemeinschaft wollen ein geerbtes Haus verkaufen und den Erlös unter den Erben aufteilen. Allerdings verweigert ein im Ausland inhaftierter Erbe die Rückkehr in die Schweiz und auch die Erteilung einer Vollmacht an eine andere Person. Ein direkter Kontakt zu ihm ist nicht möglich. Wie müssen wir vorgehen, damit wir das Haus auch ohne die Einwilligung dieses Erben verkaufen können?

Ist ein Erbe dauernd und ohne Vertretung in der Schweiz abwesend, so können Sie bei der zuständigen Behörde die Anordnung der Erbschaftsverwaltung verlangen. Der Erbschaftsverwalter ist befugt, die Liegenschaft zu vermieten und für die Zahlung der Mietzinsen zu sorgen, er ist aber nicht berechtigt, die Liegenschaft zu verkaufen. Das gesetzliche Institut der Erbschaftsverwaltung hilft Ihnen daher für Ihr Anliegen nicht weiter.

Bei Uneinigkeit der Erben, welche eine Handlungsunfähigkeit der Erbengemeinschaft zur Folge hat, kann bei der zuständigen Behörde auch die Einsetzung eines Erbenvertreters beantragt werden. Der Erbenvertreter kann gegen den Willen einzelner Erben handeln und ist beispielsweise befugt, im Rahmen eines hängigen Zivilprozesses im Namen der Erbengemeinschaft zu handeln, wenn diese sich uneinig ist. Aber auch der Erbenvertreter hat nicht die Kompetenz, Nachlassgegenstände bloss für die Vorbereitung der Erbteilung zu veräussern und die Teilung durchzuführen.

Die einzige Möglichkeit, die Erbteilung gegen den Willen eines Erben zu erzwingen und auch die Veräusserung einer Nachlassliegenschaft wie in Ihrem Fall durchzusetzen, ist der Gang an das Zivilgericht. Grundsätzlich erfolgt die Erbteilung nach Gesetz im gegenseitigen Einvernehmen durch die Erben selbst, wobei die Teilung in der Regel durch einen schriftlichen Erbteilungsvertrag zum Abschluss gebracht wird. Ist dies wegen Uneinigkeit der Erben nicht möglich, so hat jeder Erbe jederzeit das Recht, die Teilung durch Erbteilungsklage beim Gericht zu verlangen. Zuständig ist das Zivilgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers, wobei der Erbteilungsprozess in einem ersten Schritt mit einem Schlichtungsgesuch an die Schlichtungsbehörde einzuleiten ist. Können sich die Erben an der Schlichtungsverhandlung nicht einigen oder erscheint ein beklagter Erbe an der Schlichtungsverhandlung nicht persönlich und lässt er sich auch nicht vertreten, so wird dem Kläger die Klagebewilligung ausgestellt. Mit der Klagebewilligung kann er dann innert 3 Monaten die Klage beim Zivilgericht einreichen. Sowohl im Schlichtungsgesuch als auch in der Klage sind zwingend sämtliche Erben entweder als Kläger oder als Beklagte aufzuführen, da es sich bei der Erbteilungsklage um eine sogenannte notwendige Streitgenossenschaft handelt.

Das Gericht ordnet in seinem Urteil dann entweder die Losbildung und Losziehung bezüglich der einzelnen Nachlassgegenstände an oder, wenn wie in Ihrem Fall einzelne Nachlassgegenstände nicht in einem Los Platz haben, die Veräusserung der Sache und die Teilung des Erlöses. Die Veräusserung erfolgt entweder auf dem Weg des freihändigen Verkaufs oder durch öffentliche Versteigerung oder Versteigerung unter den Erben.

Kurzantwort
Wenn sich die Erben bezüglich der Teilung des Nachlasses nicht einig sind oder sich ein Erbe weigert, an der Teilung mitzuwirken, steht jedem einzelnen Erben die Erbteilungsklage an das Gericht offen. Dabei werden Lose gebildet und hat ein Nachlassgegenstand wegen seiner Grösse in einem Los keinen Platz, so wird die Sache durch freihändigen Verkauf oder Versteigerung veräussert und der Erlös geteilt.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)