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Eigengut im Erbfall

Mein Ehemann (65) und ich (53) sind seit 2013 verheiratet (Errungenschaftsbeteiligung). Mein Mann hat einen Sohn aus erster Ehe, ich habe keine Kinder. Ich habe eine Eigentumswohnung in die Ehe eingebracht und 2019 mit Gewinn verkauft. Den Verkaufserlös habe ich in alleine erworbenes neues Wohneigentum investiert. Wird die neue Wohnung im Falle einer Erbteilung der Errungenschaft oder meinem Eigengut zugeschlagen, wenn mein Mann vor mir sterben sollte?

Wenn ein Ehegatte stirbt, findet wie bei einer Scheidung eine güterrechtliche Auseinandersetzung statt. Die güterrechtliche Auseinandersetzung bestimmt dann die Vermögenswerte, welche in den Nachlass gelangen und unter den Erben aufgeteilt werden. Sie unterstehen dem ordentlichen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Bei diesem Güterstand besteht sowohl Ihr Vermögen als auch jenes Ihres Ehemannes aus zwei Gütermassen, nämlich dem Eigengut und der Errungenschaft.

Zum Eigengut gehört, neben den persönlichen Gebrauchsgegenständen und den Schenkungen, Erbvorbezügen und Erbschaften, insbesondere auch das voreheliche Vermögen. Die von Ihnen in die Ehe eingebrachte Eigentumswohnung stellt demnach Eigengut dar. Dabei gilt das sogenannte Surrogationsprinzip. Dies bedeutet vorliegend Folgendes: Wenn der Kaufpreis einer neuen Eigentumswohnung vollständig aus dem Erlös einer sich im Eigengut befindenden Liegenschaft finanziert wurde, so gehört auch die neu erworbene Eigentumswohnung der Gütermasse des Eigenguts an. Damit fällt in Ihrem Fall im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung, zum Beispiel bei Vorversterben Ihres Ehemannes, diese neue Eigentumswohnung nicht in den Nachlass und Sie müssen diesen Vermögenswert mit dem Sohn Ihres Ehemannes wertmässig nicht teilen.

Auch der beim Verkauf erzielte Gewinn bzw. Mehrwert ist grundsätzlich Ihrem Eigengut zuzuordnen. Sind allerdings währen der Dauer der Ehe Investitionen in die Liegenschaft oder Amortisationen von Hypothekarschulden aus der Errungenschaft finanziert worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung der Errungenschaft gegenüber Ihrem Eigengut. Die Ersatzforderung der Errungenschaft besteht dabei nicht nur für den Nominalwert der Investition/Amortisation, sondern ist darüber hinaus auch am erzielten Gewinn bzw. Mehrwert anteilsmässig beteiligt. Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung fällt diesfalls die Hälfte dieser Ersatzforderung der Errungenschaft inkl. des anteilsmässigen Mehrwerts in den Nachlass.

Errungenschaft ist alles, was nicht Eigengut ist. Insbesondere bildet das während der Ehe angesparte Erwerbseinkommen Errungenschaft.

Kurzantwort
Vermögenswerte, welche in die Ehe eingebracht wurden, stellen im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung Eigengut dar. Werden solche Vermögenswerte veräussert und wird mit dem Veräusserungserlös inklusive eines erzielten Gewinns eine Ersatzanschaffung getätigt, so bleibt auch diese Ersatzanschaffung Eigengut. Bei Tod eines Ehepartners fällt das Eigengut des überlebenden Ehepartners nicht in den Nachlass des Verstorbenen.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)