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Heirat – Brauchen wir einen Ehevertrag?

Ich und mein Partner erwarten ein Kind. Deshalb wollen wir heiraten. Nach der Elternzeit wird mein Partner sein Pensum für die Kinderbetreuung reduzieren. Ich werde weiterhin Vollzeit arbeiten. Uns ist die finanzielle Absicherung im Todesfall wichtig. Zudem hat mein Partner von seinen Eltern Aktien geschenkt erhalten. Die Erträge daraus sollen auch nach der Heirat nur meinem Partner zustehen.

Es gibt in der Schweiz drei Güterstände: die Errungenschaftsbeteiligung, Gütergemeinschaft und Gütertrennung. Der ordentliche Güterstand ist die Errungenschaftsbeteiligung. Das heisst, wenn man heiratet und keine ehevertragliche Vereinbarung trifft, lebt man unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Für die Wahl der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung ist der Abschluss eines Ehevertrages erforderlich. Weiter kann man mittels Ehevertrag innerhalb des gewählten Güterstandes gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Modifikationen treffen.

Ein Ehevertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und tritt grundsätzlich mit Vertragsabschluss in Kraft. Es kann aber auch die Rückwirkung, beispielsweise per Datum der Eheschliessung, vereinbart werden.

Unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist die Zugehörigkeit eines Vermögenswerts zur Errungenschaft oder zum Eigengut gesetzlich vorgeschrieben. Errungenschaft sind Vermögenswerte, die ein Ehepartner während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt, insbesondere seinen Arbeitserwerb. Aber auch Erträge aus Eigengut sind von Gesetzes wegen Errungenschaft. Eigengut sind hingegen vor allem das voreheliche Vermögen sowie Schenkungen und Erbschaften. Diese gesetzliche Zuweisung ist grundsätzlich unabänderlich und hat bei der Auflösung des Güterstandes durch Tod oder Scheidung grosse Relevanz.

Es besteht jedoch bei der Errungenschaftsbeteiligung die Möglichkeit, Erträge des Eigenguts durch Ehevertrag zu Eigengut zu erklären. Diesfalls bilden diese Erträge Eigengut egal, aus welchem Grund der Güterstand aufgelöst wird. Alternativ können diese Erträge von der Vermögensteilung einzig für den Scheidungsfall ausgeschlossen und somit für den Scheidungsfall wie Eigengut behandelt werden. Für den Todesfall bilden die Erträge bei der Alternativvariante Errungenschaft.

Ferner ist bei Familien mit minderjährigen Kindern vielfach eine ehevertragliche Begünstigung des überlebenden Ehepartners im Todesfall empfehlenswert. Damit kann bewirkt werden, dass im Todesfall die gesamte Errungenschaft der Eheleute, und nicht nur die Hälfte, an den überlebenden Ehepartner geht und einzig das Eigengut des verstorbenen Ehepartners seinen Nachlass bildet und unter sämtlichen Erben verteilt wird. Je mehr Errungenschaft demnach vorhanden ist, desto mehr kann der überlebende Ehepartner begünstigt werden.

Für die Umsetzung Ihrer Anliegen ist ein Ehevertrag erforderlich. Vorliegend steht die Erklärung der Erträge aus den vorehelichen Aktien Ihres Partners zu Eigengut der maximalen Begünstigung von Ihnen im Todesfall Ihres Partners entgegen. Folglich ist eine optimale Begünstigung von Ihnen im Todesfall Ihres Partners nur möglich, wenn diese Erträge einzig für den Scheidungsfall von der Vermögensteilung ausgeklammert werden. Diesfalls besteht aber ein Vermischungsrisiko von Errungenschaft und Eigengut. Demnach würde ich mit Ihnen sicherlich ermitteln, weshalb die Erträge aus den vorehelichen Aktien auch nach der Heirat nur Ihrem Partner zustehen sollen, und Sie über die Vor- und Nachteile der Gestaltungsmöglichkeiten sorgfältig aufklären.

(MLaw Sabrina Meier, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung; ausführlichere Version)