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Wie kann ich als Erbe die Erbengemeinschaft mit meiner Schwester auflösen?

Meine Schwester und ich haben gemeinsam eine Liegenschaft mit vier Mietwohnungen geerbt. Meine Schwester bewohnt eine der Wohnungen und bezahlt dafür einen marktüblichen Mietzins. Nun hat sie den nicht mehr benötigten Estrich, ohne mich zu fragen, umbauen lassen in ein Wohnzimmer. Sie hat den Umbau allein aus ihrem Privatvermögen finanziert. Sie ist der Meinung, dass sie für diesen Raum keinen Mietzins bezahlen muss. Ich bin damit nicht einverstanden. Da wir keine Lösung finden, möchte ich die langjährige Erbengemeinschaft auflösen.

Wie und wo müsste ich vorgehen? Der Erblasser wohnte in Luzern, die Immobilie befindet sich im Kanton Zürich, meine Schwester wohnt in Luzern, ich im Ausland.

H.E. in B.

Ich gehe zunächst kurz auf die Stellung der Erben innerhalb einer Erbengemeinschaft ein.

Erbengemeinschaft als Gesamteigentümerin der Erbschaftsgegenstände

Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Erbengemeinschaft. Aufgrund Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass Sie und Ihre Schwester die einzigen Erben Ihres zweitversterbenden Elternteils sind. Demnach besteht unter Ihnen und Ihrer Schwester durch den Todesfall Ihres zweitversterbenden Elternteils eine Erbengemeinschaft. Als Erbengemeinschaft sind Sie und Ihre Schwester, solange der Nachlass nicht geteilt ist, Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und somit insbesondere auch Gesamteigentümer der Liegenschaft im Kanton Zürich.

Auflösung der Erbengemeinschaft durch Teilung der Erbschaft

Eine Erbengemeinschaft wird durch die Teilung der Erbschaft aufgelöst. Die Erbteilung kann grundsätzlich jeder Miterbe jederzeit verlangen. Sind sich die Erben über die Teilung der Erbschaft einig, so erfolgt diese durch tatsächliche Verteilung der Erbschaftsgegenstände (sog. Realteilung) oder durch den Abschluss eines schriftlichen Erbteilungsvertrages. Kommt jedoch eine solche einvernehmliche Erbteilung nicht zustande, weil sich entweder ein Erbe weigert, überhaupt an der Teilung mitzuwirken, oder weil sich die Erben über die Zuweisung der Erbschaftsaktiven und –passiven nicht einigen können, so bleibt zur Durchsetzung des Teilungsanspruchs noch die Erbteilungsklage. In einem Erbteilungsprozess werden dann die Erbschaftsgegenstände durch das Gericht an die einzelnen Erben verteilt. Die Erhebung einer solchen Teilungsklage ist durch jeden Erben jederzeit möglich.

Um die Erbengemeinschaft mit Ihrer Schwester aufzulösen, können Sie also Ihrer Schwester mitteilen, dass Sie die Erbengemeinschaft auflösen wollen und die Teilung der Erbschaft verlangen. Dabei empfehle ich Ihnen, zuerst mit Ihrer Schwester zu versuchen, eine einvernehmliche Lösung für die Erbteilung zu finden, damit Sie ein emotional belastendes und kostspieliges Gerichtsverfahren nach Möglichkeit vermeiden können.

Falls Ihre Schwester sich aber weigert, an der Teilung der Erbschaft mitzuwirken oder falls Sie und Ihre Schwester sich nicht über die Zuweisung der Erbschaftsgegenstände einigen können, wären Sie für die Durchsetzung Ihres Teilungsanspruches gezwungen, das Gericht anzurufen. Für die Erbteilungsklage ist grundsätzlich das Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig. Somit wäre in Ihrem Fall das Gericht bzw. zuerst der Friedensrichter in Luzern zuständig. Vorbehalten bleibt eine allfällige andere internationale Zuständigkeit gestützt auf Staatsverträge (wie z.B. mit Italien), falls der Erblasser ausländischer Staatsangehöriger gewesen sein sollte.

Kurzantwort
Jeder Erbe kann grundsätzlich jederzeit die Teilung der Erbschaft verlangen. Durch die Teilung der Erbschaft wird die Erbengemeinschaft aufgelöst. Kommt keine einvernehmliche Erbteilung zustande, so bleibt zur Durchsetzung des Teilungsanspruchs die Erbteilungsklage, welche am letzten Wohnsitz des Erblassers zu erheben ist.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung