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Die anderen Erben verschweigen Vermögenswerte und Schenkungen

Meine Schwiegermutter ist im Januar 2017 verstorben, wobei u.a. meine Kinder gesetzliche Erben sind, da ihr Vater bereits zuvor verstorben ist. Der Bruder meines Mannes hat bei der Inventaraufnahme eine Liegenschaft im Wallis verschwiegen und es sind wahrscheinlich auch zu Lebzeiten grössere Schenkungen an andere Erben erfolgt. Was kann ich tun?

I.W.

Mit dem Tod der Erblasserin treten die Erben in alle Rechte und Pflichten der Erblasserin und damit auch in die ihr zustehenden Informationsrechte ein. Informationen können sich Ihre Kinder bei der Teilungsbehörde, bei der Steuerbehörde, beim Grundbuchamt und insbesondere auch bei den Banken beschaffen.

Zuerst haben Sie eine Erbbescheinigung für Ihre Kinder und sämtliche Nachlassakten von der Teilungsbehörde anzufordern. Nach Erhalt der Erbbescheinigung können Sie damit bei der Steuerbehörde alle Steuererklärungen der Erblasserin mit sämtlichen Beilagen anfordern, soweit diese noch vorhanden sind (d.h. mindestens 10 Jahre zurück). Aus diesen Steuererklärungen mit Beilagen ersehen Sie, über welche Liegenschaften und Bankkontenverbindungen die Erblasserin verfügte.

Danach können Sie mit der Erbbescheinigung bei den Grundbuchämtern die Grundbuchauszüge und die Grundbuchbelege (wie Kaufverträge und Schenkungsverträge) anfordern bezüglich derjenigen Liegenschaften, welche im Eigentum der Erblasserin stehen oder früher einmal gestanden haben. Zudem können Sie bei allen Banken, bei welchen die Erblasserin Konten hat oder früher einmal Konten gehabt hatte, Bankkontenauszüge mit sämtlichen Bankkontenbewegungen seit Eröffnung des Kontos bis heute bzw. bis zur Saldierung anfordern, soweit diese Unterlagen bei den Banken noch verfügbar sind. Die gesetzliche Aufbewahrungsfrist beträgt 10 Jahre.

Die Auskunftspflicht der Bank ergibt sich aus der auftragsrechtlichen Rechenschaftsablagepflicht. Ihre Kinder sind in die Informationsrechte der Erblasserin gegenüber der Bank eingetreten.

Zudem sind die Miterben gesetzlich verpflichtet, Ihren Kindern alles mitzuteilen, was für die Erbteilung von Bedeutung ist, also insbesondere auch lebzeitige Zuwendungen bzw. Schenkungen der Erblasserin. Schwierig kann aber die Beweisbarkeit solcher Schenkungen insbesondere dann werden, wenn sie zeitlich länger als 10 Jahre zurückliegen.

Die Nachkommen sind untereinander für grössere Schenkungen, insbesondere von Grundstücken, zur erbrechtlichen Ausgleichung auch dann verpflichtet, wenn die Schenkung länger als 10 Jahre zurückliegt, ausser sie sind von der Erblasserin ausdrücklich von der Ausgleichspflicht befreit worden. Bei einer Befreiung von der Ausgleichspflicht kann aber eine Pflichtteilsverletzung vorliegen, welche die übergangenen Erben mit der Herabsetzungsklage innert eines Jahres seit Kenntnis der Pflichtteilsverletzung geltend machen können.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)